Wir fahren mit dem Fahrrad durch kleine Dörfer. Die 20 km/h sind ideal, um die Stimmungen einzufangen. Wir fahren einfach drauf los und finden bei den Leuten immer was zu Essen oder eine Unterkunft. Kuba ist mit dem Fahrrad ideal. Ich habe gelernt, dass man bei dem Mojito sagen kann, dass zu wenig Rum drin wäre, worauf großzügig nachgefüllt wird. Die Zufriedenheit des Kunden ist hier sehr wichtig.

Wir haben eine Abkürzung genommen. Kubaner hatten versucht uns aufzuhalten, weil die Strecke nicht passierbar wäre. Sie war es aber doch, wenn auch sehr beschwerlich. Dafür waren wir mitten drin. Wir haben mit den Bauern Tomatensaft mit Rum getrunken. Die Leute waren total nett und froh uns kennenzulernen. Wieder auf der Straße zurück haben wir eine Gruppe mit polnischen Frauen getroffen, die auch mit dem Fahrrad unterwegs waren. Das war eine typische No-Hay-Bar, aber die Frauen hatten glücklicherweise eine Flasche von dem ganz alten Rum dabei.

Wir hatten ein sehr einfaches Leben. Das Fahrrad war genial. Wir waren schnell außerhalb der Touristenströme und haben aber immer eine Unterkunft gefunden. Auf dem Land zahlt man beispielsweise 4 Ct für einen Cafe, ein paar Kilometer weiter mit der nordamerikanischen und europäischen Zielgruppe sind es 2 bis 4 EUR, also Faktor 50 bis 100. Wer die Genehmigung hat irgendwas für Touristen machen zu können, verdient richtig Geld. Akademiker stehen lieber hinter der Bar, weil sie sonst nur 30 EUR pro Monat verdienen würden. Die Rente liegt bei 8 EUR. Ich glaube in keinem Land sind die Unterschiede zwischen armen und reichen Bevölkerungsgruppen so groß wie derzeit im sozialistischen Kuba. Es gibt wenige Gewinner und eine große Mehrheit, die auf der Strecke bleibt.

Die Altstadt von Havanna wird von Nordamerikaner bevölkert. Es gibt zwar eine sehr schöne Architektur, aber der Rest ist Folklore. Ein paar Kilometer außerhalb im reichen Stadtteil Vedado entsteht das neue Kuba, mit renovierten Villen und schicken Restaurants. Kleine familiäre Gruppen präsentieren Musikshows. Der Son Cubano ist hier ausgestorben. Die Jungs rappen und die Mädels tragen Ganzkörperleggings in den Farben der nordamerikanischen Fahne.

Die Regierung bekommt nichts auf die Reihe. Sie will aber nicht zugeben, dass sie von der Privatwirtschaft abhängig ist. Es heißt auch nicht privado, sondern particular, also „besonders“. Die Regierung traut sich nicht mal den Begriff privat zu verwenden.

Vor 15 Jahren durfte ich nicht in einem Auto mitfahren. Der Besitzer hätte Geld verdienen können und Geld zu verdienen war Sache des Staates. So waren alle gleich arm. Das Leben bestand aus Musik, Rum und Frauen. Es war ein außerordentliches Menschenerlebnis, wie ich es sonst nie auf der Welt erfahren hatte. Mit der Liberalisierung und den Touristenströmen ist das Heute vorbei. Aber es ist immer noch ein sicheres Land mit sehr netten Menschen und beeindruckenden Begegnungen.

Die jungen Leute können mit den politischen Losungen der Revolution vor 56 Jahren nichts mehr anfangen. Es ist zwar gelungen, das Land zu einen, sowie ein Bildungs- und Gesundheitssystem einzuführen. Aber danach war Stillstand. Und zur Einigung muss man sagen, dass Andersdenkende entweder ausgewandert sind oder im Gefängnis sitzen. Die Revolution und das anschließende System hatte sicher ihre positiven Seiten. Aber man darf die Menschen nicht zu ihrem Glück zwingen.

Ich habe für mich mitgenommen, dass es jenseits der politischen Systeme vor allem wichtig ist, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können und seinen Nächsten mit Respekt zu begegnen.